Highlight der Woche 2020: KW 4 (Oscar Double Feature: Jojo Rabbit + Little Women)

Letzten Freitag war endlich mal wieder Sneak Preview angesagt. Wie erhofft, lief Little Women, einer der Filme aus der Liste der oscarnominierten Filme (Bester Film), die mir noch fehlten. Vorher schauten wir noch Jojo Rabbit, was diesen Abend zu einem äußerst gelungenen Kinoerlebnis werden ließ. Noch eine Vorbemerkung: Beide Filme sind auch für bestes adaptiertes Drehbuch (geschrieben jeweils vom Regisseur / von der Regisseurin) nominiert. Ich habe allerding keines der beiden Bücher gelesen.

Jojo Rabbit (Taika Waititi, Tschechien/NZL/USA 2019)

Quelle: IMDb, © Fox Searchlight

Taika Waititis (What We Do in the Shadows, Thor: Ragnarok) neuester Streich ist einer dieser Filme, die beim Publikum besser abschneiden als bei den Kritiker*innen (IMDb 8,0; Metacritic 58; bessere Ergebnisse bei Rotten Tomatoes: Tomatometer 80%; Audience Score 95%), und ich bin wohl eher auf der Seite des „normalen Publikums“.

Die Welt, wie sie sich der 10-jährige Hitlerjunge Jojo (Roman Griffin Davis) ausmalt, ist bunt und gleichzeitig schlicht, was die Weltanschauung anbelangt: Hitler (Taika Waititi) ist sein imaginärer Freund – und Jojos Traum ist es, sein wirklicher bester Freund zu werden. Dumm nur, dass er beim Camp der Hitlerjugend feststellt, dass er nicht töten kann, „nicht mal“ ein Kaninchen… Dazu kommt später, dass er entdeckt, dass sich ein jüdisches Mädchen (Thomasin McKenzie) in der Wand des Hauses seiner Familie versteckt, und dass seine Mutter (Scarlett Johannson) das unterstützt.

So viele komische Elemente der Film auch hat – insbesondere die überzogenen Figuren, von Waititis Hitler bis Sam Rockwells Captain Klenzendorf – , er wusste mich in den tragischen Momenten doch auch sehr zu bewegen. Mich hat diese Mischung aus Klamauk, Absurdität, bunten Farben, Menschlichkeit, Unmenschlichkeit und Tragik überzeugt und berührt. Dazu kommen die herausragenden schauspielerischen Leistungen des jungen Hauptdarstellers – und aller anderen. Ja, manche Figuren erscheinen schon arg plakativ klischeehaft, aber da der Film ja die Sicht eines Kindes zeigt, passt das für mich irgendwie trotzdem. Kostüme und Ausstattung sind auch vom feinsten, und zwar auch absichtlich nicht authentisch.

Fazit: Ein äußerst gelungener und sehenswerter Ausflug in die Gedankenwelt eines Hitlerjungen. 8 von 10 Punkten.

 

Little Women (Greta Gerwig, USA 2019)

Quelle: IMDb © Sony Pictures

Als wir vor Jojo Rabbit den Trailer zu Little Women sahen, war ich sofort wieder Feuer und Flamme für Timothée Chalamet, ich gebe es zu. (Wäre ich 30 Jahre jünger, würde ich mir das Schlafzimmer mit Postern von ihm tapezieren… 😳 ❤ So muss ich mich damit zufrieden geben, dass ich ihn Anfang April live auf der Bühne sehe… 😎 😀 😉 ) Und ja, er ist die perfekte Besetzung für „Laurie“, den Nachbarjungen der vier March-Schwestern Jo (Saoirse Ronan), Meg (Emma Watson), Amy (Florence Pugh) und Beth (Eliza Scanlen). Im Guardian schreibt Peter Bradshaw: „Laurie is played by Timothée Chalamet. Surely, no other casting was possible.“ Ja, so ist das.

ABER: Die Stars des Films sind dennoch die Schwestern, und da vor allem Jo (Saoirse Ronan ist – wie immer – unfassbar gut und einfach immer so wunderschön natürlich ❤ ) und Amy (Florence Pugh ist völlig zurecht als Nebendarstellerin nominiert). Sie haben eine so fantastische Chemie als Geschwister, dass es pure Freude (und manchmal purer Schmerz) ist, ihnen zuzusehen. Ja, natürlich habe ich mich auch über jede Szene mit Laurie und – leider deutlich seltener – John Brooke (James Norton) gefreut, aber ohne das starke Spiel der jungen Frauen wäre dieser Film nicht annähernd so gut.

Greta Gerwig erzählt die Geschichte der vier Frauen nicht chronologisch, sondern beginnt mit einer Szene, die gegen Ende der Story spielt, was mich zunächst leicht irritiert hat und außerdem auch Dinge vorwegnimmt, die unbedarfte Zuschauer*innen (wie mich 😳 ) spoilern. Das ist auch mein größter Kritikpunkt – mir ist die Motivation dahinter nicht ganz klar geworden. Andere Stellen mit Rückblenden in die Kindheit/Jugend der Protagonist*innen fühlten sich sehr organisch an, und wurden auch durch eine andere Farbpalette (und andere Frisuren/Kleidung etc.) gut nachvollziehbar.

Was ich so im Nachhinein feststelle, ist, dass dieser Stoff sich in vielerlei Hinsicht wohltuend abhebt von anderen Geschichten, die das Leben von Frauen in der Vergangenheit zum Thema haben:

Es gibt keine übergriffigen Männer, die Frauen nur als Sex- oder Statusobjekt sehen, keine Gewalt, keine Zwangsheirat o. ä. Selbst der Verleger, der die Geschichten von Jo kritisiert und ein Happy End mit Heirat verlangt, ist im Grunde genommen jemand, der unterstützend wirkt, nicht ausbeuterisch.

Weder die Ehe, noch das Streben nach einer „Karriere“ (Schriftstellerei, Malerei) wird als das einzig Wahre dargestellt. Jede Schwester darf andere Ziele haben – und auch mal zweifeln.

Fazit: Einfach ein wunderschöner Film mit fantastischen jungen Schauspieler*innen. Greta Gerwig hätte auf jeden Fall auch eine Nominierung für die beste Regie verdient. 8,5 von 10 Punkten.


9 Gedanken zu “Highlight der Woche 2020: KW 4 (Oscar Double Feature: Jojo Rabbit + Little Women)

  1. Little Women habe ich als Vorpremiere am 19. Januar gesehen und fand ihn schön, aber auch teilweise sehr anstrengend wegen der Zeitsprünge. Thimotée Chalamet spielt übrigens auch die Hauptrolle in „A rainy day in New York“.

    Jojo Rabbit möchte ich mir auch noch ansehen, ich war letztes Jahr von der Vorschau schon sehr angetan.

      1. Nein, gar nicht. Ist schon ewig her, dass ich einen von ihm gesehen habe (ich glaube das war The Purple Rose of Cairo), aber mir kam der Schauspieler auf dem Plakat bekannt vor.

  2. Jojo Rabbit fand ich fantastisch! Und läuft Little Women schon im regulären Kino? Habe es ja sonst geschafft, in diesem Jahr fast alle relevanten Oscar-Film zu sehen

    1. Ja, Little Women sollte heute angelaufen sein, wenn ich mich nicht irre… Mir fehlen halt die beiden Netflix-Filme noch, sonst hab ich alle Best Picture Kandidaten. 🙂

  3. Irgendwie kann ich mir gar nicht vorstellen, dass “Little Women“ an “Betty und ihre Schwestern“ herankommt. Der Trailer sah so langweilig aus.

    1. Kann ich dir jetzt auch gar nicht sagen, wie der im Vergleich zu der anderen Verfilmung abschneidet, weil ich mir nicht mal sicher bin, dass ich diese gesehen habe…

    1. Ja, klar, bei solchen Klassikern von Spoilern zu sprechen, ist ja immer etwas lächerlich… oder zeugt von Ignoranz und Unwissenheit. Letztlich hat es ja dem Genuss des Filmes auch keinen Abbruch getan, aber im Moment des Sehens war es für mich etwas verwirrend.

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