Neulich beim BINGEWATCHING #7: Star Trek: Discovery (Season 1, 15 Episoden)

Meine Gefühle, als ich hörte, dass es eine neue ST-Serie geben sollte, waren zwiegespalten. Einerseits freute ich mich als Trekkie, dass Gene Roddenberrys ST-Universum nun auch in serieller Form weitergehen würde (nachdem J.J. Abrams 2009 das Film-Reboot erschaffen hatte). Andererseits war ich enttäuscht, dass man wieder in die Zeit VOR Kirk & Co. springen wollte. Warum keine Anknüpfung an Deep Space Nine und/oder Voyager – evtl. mit Option auf Gastauftritte?!?

Nun lief die Serie letztes Jahr auf CBS/Netflix an, doch ich sträubte mich ja noch gegen einen Netflix-Account, auch um meiner Seriensucht nicht noch mehr Futter zu bieten. Erfolgreich habe ich es geschafft, sämtliche Spoiler zu umgehen, sodass ich jetzt fresh an die Serie rangehen konnte, nachdem ich nun seit gut zwei Monaten Netflix-Abonnentin bin. Das Review ist weitgehend spoilerfrei, einzig bei der Beschreibung der Charaktere kann ich nicht völlig vage bleiben.

Zugegebenermaßen fiel mir der Einstieg etwas schwer: die Optik der Klingonen irritierte mich sehr – ich konnte sie kaum unterscheiden (von dem „Albino‟ Voq und der Klingonin L’Rell (Mary Chieffo) mal abgesehen), mir fehlten die langen Haare, und das Klingonisch hörte sich irgendwie künstlich an. Vielleicht liegt letzteres aber auch daran, dass einfach viel mehr Klingonisch gesprochen wird. Auch die Crew der USS Shenzhou erschloss sich mir nicht sofort, vielleicht mit Ausnahme von Captain Philippa Georgiou (Michelle Yeoh) und Michael Burnham (Sonequa Martin-Green ist sensationell!) und dem „Alien‟ Saru (Doug Jones). Aber, wie sich recht schnell herausstellte, war das ja auch nicht so wichtig, da sich dann später die Handlung auf die namensgebende USS Discovery verlagert. Ein letzter Kritikpunkt, den ich zu Beginn hatte, war die explizite Gewalt, die nicht gerade typisch für Star Trek war. Sicher, wenn Bryan Fuller als Creator und Showrunner angekündigt wird (er verließ aber später die Serie, um sich ganz American Gods widmen zu können), kann man erwarten, dass es etwas blutiger wird, schließlich hat der Mann uns auch die Serie Hannibal gebracht… Es stieß mir zu Beginn jedoch tatsächlich etwas unangenehm auf.

Mit Umzug auf die Discovery wird die Serie immer spannender – und spätestens ab Episode 9 (, nach der es einen kleinen Mid-Season-Break gab, der mich aber nicht mehr beeinträchtigte, weil ich ja eh viel später dran war) konnte ich dann nicht mehr aufhören. Ich musste dann die restlichen sechs Folgen an einem Tag in bester Bingewatch-Manier durchschauen. 😮 😳

Nun kann man über den Plot nicht allzu viel schreiben, wenn man Spoiler vermeiden will. Ich jedenfalls wurde ein ums andere Mal überrascht und schockiert von Wendungen, die ich nicht kommen gesehen hatte. Im Rückblick wird einem das Foreshadowing wohl bewusst, doch bis zu den jeweiligen Ereignissen, ist man erstmal ziemlich planlos. Dabei – so viel kann ich verraten – wird ein häufiges trope/Topos eingesetzt, das mir schon früher bei Star Trek, aber auch z. B. bei Buffy Freude bereitet hat.

Selbst beim Beschreiben der Charaktere kann ich nicht alles preisgeben – ich werde euch dennoch meine Lieblingscharaktere kurz vorstellen. Prinzipiell ist zu begrüßen, dass die Serie viele starke Frauenfiguren hat und auch ganz selbstverständlich ein schwules Paar (beides Crewmitglieder).

Michael Burnham (Sonequa Martin-Green):

Quelle: cbs.com

Also, ich muss schon sagen, einer weiblichen Figur einen männlichen Vornamen zu geben, ist irritierend und groundbreaking zugleich. Michael ist nicht etwa transgender, nein, sie ist einfach nach ihrem Vater benannt. Genial! Um ehrlich zu sein, fände ich das im real life tatsächlich sehr eigenartig, und ich war auch irgendwie erleichtert, als eine Figur sie darauf anspricht, dass sie doch einen sehr ungewöhnlichen Namen habe, aber als Zukunftsvision gefällt mir das sehr gut. Noch ein bisschen weiter weg von den Rollenklischees.

Michael ist sehr vielschichtig: Sie ist bad-ass, zeigt sich aber gleichzeitig auch verletzlich. Nach einem folgenschweren Fehler ist sie eigentlich davon überzeugt, dass sie die lebenslange Strafe, die sie dafür bekommen hat, auch verdient hat. Von Vulkaniern erzogen (und zwar von keinem geringeren als Sarek!). ist Michael es eher gewöhnt, Emotionen zu unterdrücken. Umso näher geht es dem Zuschauer (also mir), wenn sie sich auf Gefühle einlässt, als Ash Tyler in ihr Leben tritt. Sonequa Martin-Green spielt fantastisch – ich finde sie hier noch viel faszinierender als in The Walking Dead. Es war eine sehr gute Entscheidung, für ST: Discovery aus TWD auszusteigen!

Ash Tyler (Shazad Latif):

Quelle: cbs.com

Eingeführt als neue Nebenfigur, wird aus Ash schnell ein Hauptcharakter, der – zumindest mir – schnell ans Herz wächst. Das liegt unter anderem daran, dass er eher eine Opferfigur ist, die mit den Nachwirkungen von monatelanger Folter durch die Klingonen zu kämpfen hat. Wie Michael hat auch er etwas Verletzliches, was Shazad sehr nuanciert darstellt. Und dann ist da die Chemie zwischen Michael und Ash: so greifbar, so ansteckend, so überraschend sinnlich irgendwie für eine ST-Serie! (Und ja, ich finde ihn auch sehr attraktiv. 😛 ❤ )

Sylvia Tilly (Mary Wiseman):

Quelle: cbs.com

Wie erfrischend ist diese Kadettin! Sie ist gerade heraus, neugierig, enthusiastisch, ohne Vorurteile – einer der Showrunner bezeichnete sie als „sort of the soul of our show‟. Das kann ich unterschreiben. Außerdem ist sie etwas übergewichtig – und so können sich endlich auch Menschen repräsentiert fühlen, die „ein paar mehr Kurven haben‟. Das Lustige ist, dass mir die Abwesenheit von etwas rundlicheren Frauen im ST-Universum erst durch das Auftauchen von Tilly bewusst geworden ist. To boldly go where no one has gone before – indeed!

Captain Gabriel Lorca (Jason Isaacs):

Quelle: cbs.com

Ein schwer zu greifender, undurchsichtiger Typ – und das ist so gewollt. Man schwankt ständig zwischen Sympathie (schließlich gibt er Michael eine Chance und tritt als ihr „Schutzpatron‟ auf) und diesem dumpfen Gefühl, dass irgendwas an ihm fishy (na gut, suspekt ginge im Deutschen auch…) ist. Mehr darf ich zu Lorca nicht sagen, außer dass ich mich sehr freue, ihn am Wochenende auf der Fedcon zu sehen!

Saru (Doug Jones):

Quelle: cbs.com

Trotz starker Maske (Doug Jones ist offenbar der Go-To-Guy für solche Rollen, siehe auch The Shape of Water) ist der Kelpien Saru ein höchst interessantes Crewmitglied, das sowohl für Humor, als auch für Dramatik sorgt. Seine Spezies hat auf Grund ihrer Vergangenheit (sie wurden als Beute gejagt) die Fähigkeit, Gefahr, bzw. nahenden Tod, körperlich zu spüren – es stehen sich bei ihm – literally – die „Nackenhaare‟ auf. Das hilft ihm auch dabei, die wahren Intentionen des Gegenübers einschätzen zu können, also zumindest, ob es ihm an die Gurgel will oder nicht.

Chief Engineer Paul Stamets (Anthony Rapp):

Quelle: cbs.com

Paul Stamets (links) ist in einer Beziehung mit dem Schiffsarzt Dr. Hugh Culber (Wilson Cruz, rechts) – und somit haben wir hier die erste homosexuelle Beziehung unter Crewmitgliedern in einer ST-Serie. Es ist schade, ja, dass man das so betonen muss, aber ich empfinde das durchaus als einen wichtigen Schritt, der noch weitergeht, als der wohl gut gemeinte Ansatz im letzten ST-Film (Star Trek: Beyond). Die Schauspieler sind auch beide schwul (Rapp bezeichnet sich als „queer‟; er war der Erste, der Kevin Spacey sexuelle Nötigung vorwarf; Rapp war damals 14, Spacey 26), was jetzt für mich allerdings keinen großen Unterschied macht. Aber vielleicht ist es für die Gay Community ähnlich wichtig, wie die Tatsache, dass in Sense8 eine Trans-Frau auch von einer solchen dargestellt wird.

Einer der Showrunner (Aaron Harberts) sagte dazu in einem Interview:

Literally the second we started thinking about it, thinking, „We’ve got an out gay actor. Why not let him carry the torch for the gay community?“ And then hiring Wilson [Cruz] to play [Stamets’s] partner was also really great for us because it allowed two gay men to do what many gay men aren’t able to do, which is play a gay. Often those roles are given to straight guys.

Auch abgesehen davon ist der „Albino‟ (so bezeichnet sich der Chief Engineer einmal selbst) ein höchst faszinierender Charakter, mit einer großen Menschlichkeit und Opferbereitschaft. Ich finde ihn toll!

Leider kann ich über vieles, das mir ganz außerordentlich gut gefallen hat – auch noch weitere Charaktere betreffend – nichts schreiben, ohne böse zu spoilern. Ich kann nur sagen, dass mich keine ST-Serie seit DS9 wieder so begeistert und emotional mitgenommen hat. Was ich da in 15 Folgen alles an Emotionen durchlebt habe, das hatte ich in so einer kurzen Zeitspanne wohl noch kaum – bei Star Trek. Da fallen die Irritierungen vom Beginn im Rückblick nicht mehr so viel ins Gewicht. I’m hooked – und werde bestimmt dran bleiben!

Zu guter Letzt noch ein paar erfreuliche Twitter-Reaktionen von Dartsellern aus der Serie auf meine Tweets: ❤


24 Gedanken zu “Neulich beim BINGEWATCHING #7: Star Trek: Discovery (Season 1, 15 Episoden)

        1. Du, mir graut schon davor, wenn ich endlich einen Fernseher hab, auf dem ich streamen kann! Ich weiß nicht, wie ich mich dann entscheiden soll, ob ich Netflix, Prime oder (momentan noch) Sky Ticket schaun soll… 😱🙈

          Ach ja, hast du Tipps, was Fernseher und Blu-ray Player anbelangt?

          1. Ich habe habe schon seit längerem einen LG-Blu-ray-Player und mir letztes Jahr auch einen neuen LG-Fernseher zugelegt, mit dem ich sehr zufrieden bin. Welche Größe willst du?

          2. Wie weit sitzt du vom Fernseher weg? Gerade bei LCD/LED nicht zu klein kaufen! Man gewöhnt sich soooo schnell daran – gerade bei Netflix/Prime-HD-Bildqualität.

            (Ich sitze ca. 2,90 m vom TV weg und habe 60 Zoll, dürften aber gerne auch 65 sein.)

          3. Ich sitze ca. 2m vom Fernseher weg. Ich glaube, mehr als 40/43 Zoll wäre bei mir eh nicht drin, weil der Fernseher unter der Dachschräge steht. Selbst da käme es dann drauf an, wie hoch die Füße sind…

          4. Hm, ok. Muss ich dann vorher genau ausmessen, hab gerade nur vorne gemessen, weiter hinten ist ja aber weniger Platz nach oben. Kommt also auch auf die Tiefe an, was ja aber beim Flachbildfernseher nicht so groß sein kann. 😉

          5. SL, schau dir das mal an, der Artikel geht näher auf das Thema ein:
            http://www.chip.de/artikel/TV-Tipps-Der-optimale-Sitzabstand-zum-Fernseher_138790139.html

            Da bei Netflix und Amazon Prime HD Standard ist, kann man sich inzwischen daran orientieren, denke ich.

            Ich habe einen 32-Zöller von Samsung und eigentlich ist der winzig für heutige Verhältnisse. So liege ich meistens knapp davor (mit dem Kopf auf der Fußstütze des Sessels), sodass wenigsten ein bisschen Kinofeeling aufkommt.

  1. Oh wie schön, auch mal wieder eine positive Kritik zu lesen! Die Staffel war ja doch sehr umstritten. Ich fand sie im Prinzip auch gut, war nur mit den letzten Episoden nicht mehr so glücklich. Aber der Knoff, die Serie mit dem Captain als Hauptfigur anzugehen, war simpel, aber effektiv.

    Und schön, dass dich die Wendungen so umgehauen haben – ich muss ja zugeben, in der wöchentlichen Ausstrahlung und wenn man danach jeweils die Internet-Foren durch gelesen hat, wurde da schon immer viel geschrieben, was einem die Wendungen etwas kaputt gemacht haben.

    1. Oh, wie schön, auch mal wieder von dir zu lesen! 😉

      Ja, kann mir vorstellen, dass das mit den Wendungen nicht mehr so gut funktioniert, wenn man das wöchentlich ansieht und dazwischen all die Spekulationen und/oder Spoiler dazu liest. Deswegen liebe ich ja das Bingewatching schon sehr.

      Ich glaube, der Hauptgrund, warum mich die Serie so gepackt hat, war wirklich, dass ich so emotional involviert war.

  2. Hm, auf den Bildern entsteht für mich der Eindruck, dass man in eine der offensichtlichsten Fallen von Prequels gefallen ist: Die Vergangenheit schaut technologisch fortschrittlicher aus, dals die „Zukunft“. Die Brücke(?) ist so dermaßen geräumig, während die der Enterprise dagegen altbacken ausschaut.
    Klar ist heute filmtechnisch so viel mehr drin an Effekten, aber wo bleibt die Kohärenz?

    Ansonsten hab ich die Serie natürlich noch nicht gesehen. ^^
    Erst mal Gotham fertig, danach Buffy&Angel, und dann mal sehen.

  3. Hey!
    Habe deinen Blog zufällig eben entdeckt, ich glaube hier lese ich nun öfter 🙂
    Ich muss zugeben, dass ich bisher nichts mit Star Trek am Hut hatte.
    Die Serie reizt mich allerdings sehr.
    Danke für den Tipp!

    Liebe Grüße,
    Nicci

  4. Endlich komme ich auch zu diesem Beitrag, ich bin so gnadenlos im Rückstand, wie du merkst … Das allermeiste von dem, was du beschreibst, kann ich unterschreiben, ergänzen möchte ich noch, dass auch die Darstellung der Klingonen für mich grandios war, ich fand sie nämlich sowohl von Aussehen, als auch Charakter und Klang sehr differenziert und unterschiedlich. Weniger „typisch“ klingonisch, dafür auch weniger Stereotyp, sondern so, wie die Menschen seit jeher dargestellt wurden, was anderen Spezies in der Science Fiction nur selten zukommt.
    Einzig, dass das neue Makeup verdächtig nach den Drazi aus Babylon 5 aussah, hat mich irritiert.

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