The Disappearance of Eleanor Rigby: Them (Ned Benson, USA 2014)

Quelle: http://pmcvariety.files.wordpress.com/2013/09/the-disappearnce-of-eleanor-rigby.jpg?w=670&h=377&crop=1

Wer mein Fundstück #5 schon gelesen hat, weiß, dass ich am Freitag in der Sneak Preview The Disappearance of Eleanor Rigby: Them gesehen habe. Wer den Media Monday #172 gelesen hat, weiß, dass ich auf diesen Film schon sehr gespannt war. Kein Wunder also, dass ich beim ersten Bild des Films laut „JA!!!!‟ geschrien habe! Meine Freundin links von mir hat sich vor Lachen kaum mehr eingekriegt, und mein Begleiter rechts von mir fragte, ob er mir ein Sabberlätzchen reichen soll… 😀 Trotzdem habe ich am Ende des Films nur mit „mittel‟ abgestimmt.

Them war eigentlich gar nicht geplant. Auf dem Filmfestival in Toronto 2013 wurde eine insgesamt dreistündige Fassung, aufgeteilt in Him und Her, gezeigt. So erfuhr man die Geschichte des Auseinanderbrechens der Ehe von Conor (James McAvoy) und Eleanor (Jessica Chastain) erst aus Sicht von Conor, und dann aus Sicht von Eleanor. Als dann die Weinstein Company auf den Film aufmerksam wurde, wurde dem Regisseur Ned Benson als Bedingung für den Vertrieb auferlegt, eine neue Fassung zu schneiden, die eine Stunde kürzer ist und beide Sichtweisen, ganz konventionell, miteinander verschmilzt. Schade, denn die meisten Kritiker, die beides, d.h. alle drei Versionen, gesehen haben, geben den Einzelfilmen Him und Her höhere Wertungen. Auch ohne Him und Her zu kennen (sie werden in Deutschland nicht ins Kino kommen), kann ich mir vorstellen, dass ein vollständigeres Bild durch die beiden Einzelfilme entstehen muss. Interessanterweise kam einem der Film etwas zu lang geraten vor, obwohl er ja kürzer ist als Him und Her zusammengenommen.

Der Film beginnt mit Szenen von dem glücklichen Beginn der Beziehung von Conor und Elle. Doch schon nach kurzem sehen wir, wie Elle von einer Brücke (in NYC) in den Fluss springt. Was ist passiert? Das erfährt man nicht sofort in diesem Film, doch kann man sich vorstellen, dass es etwas Dramatisches gewesen sein muss. Elle hat den Sprung in die Tiefe überlebt, aber verschwindet ohne eine Nachricht aus Conors Leben. Sie geht zurück in ihr Elternhaus, zu ihrer französischen Mutter (Isabelle Huppert), die man so gut nie ohne Weinglas in der Hand sieht, und ihrem Vater (William Hurt), der Psychologe ist, aber in Elles Fall doch etwas ratlos ist. Außerdem lebt Elles alleinerziehende Schwester Katy (Jess Weixler) mit ihrem Sohn im selben Haus. Was passiert ist, wird zunächst einmal völlig totgeschwiegen.

Conor dagegen kämpft damit, nicht zu wissen, wo sich Elle aufhält, während sein Restaurant langsam den Bach runtergeht. Auch er zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus – und zu seinem wortkargen Vater (Ciarán Hinds; schon witzig: der (Nord-)Ire spielt den Vater des Schotten, beide sind aber Amerikaner in diesem Film), der eher vage Tipps dazu gibt, wie Conor mit der Situation umgehen soll. Sein bester Freund Stuart (Bill Hader) – und Koch in seinem Restaurant – ist auch etwas unschlüssig, wie er behilflich sein soll…

Als Stuart ihn aber darauf hinweist, dass Elle anscheinend wieder zur Uni geht, wird Conor schon fast zum Stalker (wie er auch selbst zugibt), sogar in die Vorlesung folgt er ihr… Es gibt Annäherungen, aber Elle zieht sich immer wieder zurück. Ich will jetzt nicht verraten, welch große Tragödie hinter der Entfremdung der beiden steht, aber es ist etwas, das wohl viele Paare auf eine Belastungsprobe stellen würde. Kann es ein Happy End für die beiden geben?

Quelle: http://cdn.wegotthiscovered.com/wp-content/uploads/DIYS2.jpeg

Die Besetzung des Films ist großartig:

Conor ist absolut liebenswert, James McAvoy bringt die Emotionen in ihm, wie immer, überzeugend rüber. Das gelingt ihm schon durch kleinste Mimikänderungen, die ganz großen Gefühlsausbrüche gibt es nur selten.

Jessica Chastain ist für mich eine klassische Schauspielerin, die man in die Tradition einer Katherine Hepburn stellen kann. Man kann ihr stundenlang zusehen, die Leinwand kann gar nicht groß genug für ihr Gesicht sein! Und wenn sie über den Grund des Zerbrechens ihrer Ehe sagt: „He became soft and I stayed hard‟, dann wird auch das deutlich in den meisten Szenen mit Conor. Was allerdings für mich ein leichtes Manko des Films ist – ich spürte die Liebe von Conor zu Elle, aber nicht umgekehrt.

Eine Nebenfigur habe ich noch nicht erwähnt: die Dozentin, deren Vorlesung Elle besucht, gespielt von Viola Davis. Ach, Viola hat so eine unglaubliche Ausstrahlung, dass jede Szene mit ihr eine Wohltat war – auch wenn ihre Rolle irgendwie nicht so recht organisch in den Film gepasst hat. Alle anderen schon erwähnten Nebendarsteller sind ebenso fantastisch. Die Ähnlichkeit zwischen Isabelle Huppert und Jessica Chastain ist so frappierend, dass man fast meinen könnte, sie sind tatsächlich Mutter und Tochter. Erst durch diesen Film habe ich gemerkt, dass ich William Hurt schon ewig nicht mehr in einem Film gesehen hatte – und wie schade das ist.

Warum bleibt der Film aber trotzdem nur gutes Mittelmaß? Zum einen fand ich manche Dialogzeilen arg klischeehaft – irgendein Kritiker (leider weiß ich nicht mehr, welcher) hat geschrieben, dass Ned Benson ein besserer Regisseur als Drehbuchautor ist, und dem stimme ich zu. Außerdem hätte diese Version durchaus etwas kürzer sein können. So gerne ich etwa Viola Davis gesehen habe; ein paar weniger Treffen zwischen ihrem Charakter und Eleanor hätten es auch getan. Manche Szenen wirkten außerdem nahezu überflüssig in diesem Zusammenschnitt, so z. B. bringt Elles Vater einmal einen Kollegen mit, mit dem Elle vielleicht über ihren Suizidversuch (auch wenn das Wort NIE in den Wort genommen wird) sprechen könnte. Da sich Elle weigert, wird daraus nichts. Da man nicht mal ein Close-up auf diesen Psychologen geliefert bekommen hat, hätte man dies auch gleich weglassen können. Vielleicht wird diese Episode ja etwas genauer in Her beleuchtet, in Them scheint sie ein Fremdkörper.

Auch wenn diesem Film Kürze gut getan hätte, glaube ich trotzdem, dass die dreistündige Version in zwei Teilen der Geschichte und den Charakteren gerechter wird. Ich hätte gerne noch mehr Zeit mit den Figuren verbracht, die sie mir noch etwas näher gebracht hätte. Deswegen hoffe ich darauf, dass Him und Her irgendwann auf DVD herauskommen.

Nur 6,5 von 10 Punkten, aber für Fans von Jessica Chastain und James McAvoy trotz allem sehenswert!


4 Gedanken zu “The Disappearance of Eleanor Rigby: Them (Ned Benson, USA 2014)

  1. Schade, dass man nicht den Mut hatte „Her“ und „Him“ durchzuziehen 😦 Bin sehr gespannt auf den Film und frage mich in welcher Form ich den wohl sehen werde … danke für die Besprechung!

  2. Die Idee mit den zwei Perspektiven ist übrigens nicht ganz neu. Clint Eastwood hatte die gleiche Idee schon mit „Flags of our Fathers“ und „Letters from Iwo Jima“.

    Der Film hätte bei mir fast eine „Gut“-Bewertung gekriegt, allerdings hat mich die Szene, in der Eleanor ihrer Schwester von dem (gut aussehenden) gelben Kleid für ihr Date abrät und ihr stattdessen das grüne (mit diesem undefinierbaren Muster, welches aussieht als hätte gerade jemand draufgekotzt) empfiehlt, temporär traumatisiert.

    Bin ich nun oberflächlich? 😉

    (Bei genauerer Überlegung könnte es aber sein, dass das Kleid Eleanors Gemütszustand widerspiegeln soll, denn eigentlich kann niemand SO einen schlechten Geschmack haben.)

    1. Zu den zwei Perspektiven: Naja, aber in den beiden Filmen von Eastwood gibt es ja nur wenige Überschneidungen; und beide Filme haben einen sehr unterschiedlichen Fokus. Es geht im Grunde genommen nicht zweimal um genau dasselbe, da „Flags of our Fathers“ sich ja mehr mit den Folgen für die amerikanischen Soldaten, die bei dem ikonischen Foto „dabei“ waren, beschäftigt. Der japanische Teil konzentriert sich mehr auf das Geschehen vor Ort. Gleichwohl war auch das eine tolle Idee, und ich finde insbesondere „Letters from Iwo Jima“ ganz außerordentlich gut.

      Zu dem Kleid: Ja, ich hab auch nicht verstanden, was an dem Kleid nicht gepasst haben soll! Aber das alleine hat jetzt nicht zu einer Abwertung geführt. Wobei bei mir vielleicht ein bisschen zur Abwertung geführt hat, dass James McAvoy nicht mit schottischem Akzent redete… 😉

      Ja, wir sind oberflächlich! 😀

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