Calvary (Am Sonntag bist du tot, John Michael McDonagh, Irland/UK 2014)

Quelle: http://www.mugglenet.com/2014/08/brendan-gleeson-talks-calvary-dying-on-screen-and-why-he-didnt-want-to-do-harry-potter/

Als in der Sneak Preview das erste Bild auftauchte (Brendan Gleeson in Großaufnahme), wusste ich „Ah, das ist der Nachfolger von The Guard, in dem Gleeson einen katholischen Priester spielt!“

Viel mehr wusste ich nicht – und so dachte ich zunächst, es handele sich um eine Komödie, wie der äußerst unterhaltsame The Guard aus dem Jahr 2011. Deswegen habe ich auch bei dem ersten Satz, den Father James (Gleeson) im Beichtstuhl hört, gelacht, obwohl er die Einleitung zu einer schrecklichen Geschichte von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche ist, die Father James da von einem männlichen Opfer erzählt wird. Die „Beichte“ endet damit, dass der „Beichtende“ Father James androht, dass er ihn – und bei diesem deutschen Titel ist das auch kein Spoiler – nächsten Sonntag töten wird. Nicht weil er sich schuldig gemacht hätte (der Schuldige ist längst tot), sondern gerade, weil er unschuldig ist.

Der Film zeigt nun, wie Father James die Tage bis zu diesem Sonntag verbringt. Es ist eine Mischung aus „business as usual“ und seinen Frieden machen (insbesondere mit der Tochter Fiona (Kelly Reilly); nach dem Tod deren Mutter ist er Priester geworden). Natürlich überlegt er auch, zur Polizei zu gehen, bespricht sich mit seinem Bischof, legt sich gar eine Waffe zu. Doch ansonsten tut er das, was ein guter Geistlicher tut – er kümmert sich um das (Seelen-)Heil seiner Gemeinde, was allerdings nicht immer ganz einfach ist. Der Millionär Michael Fitzgerald (Dylan Moran) etwa hat einfach eine Art, die es Father James schwer macht, seine Probleme ernst zu nehmen, die verheiratete Veronica Brennan (Orla O’Rourke) hat so gar kein Problem mit ihrer Promiskuität – ihr Mann Jack (Chris O’Dowd) scheint froh darum zu sein, seine Ruhe von ihr zu haben, der alte Schriftsteller (M. Emmet Walsh) bittet ihn darum, ihm eine Waffe zu besorgen…. und der atheistische Arzt im Krankenhaus (Achtung, Game of Thrones Fans: Aidan Gillen) ist sowieso total durchgeknallt. Im Knast besucht er dann auch noch den „local murderer“ Freddie Joyce (Gleesons Sohn Domhnall, den ich allerdings nicht erkannt habe), der eigentlich gerne gehängt werden möchte, damit er mit den ermordeten Mädchen endlich „normal“ zusammen sein kann… Überhaupt schlägt dem Father eigentlich viel Gegenwind entgegen, wobei allerdings nicht ganz klar herauskommt, warum. Denn im Gegensatz zu Father James‘ Kollegen (David Wilmot) kommt James doch sehr sympathisch und weltoffen rüber.

Allesamt seltsame, und wie ich finde, leicht überzogene Figuren und z. Tl. auch Situationen, was es mir etwas schwer gemacht hat, den Film als Drama einzuordnen, was er aber angesichts der Schwere der Themen (sexueller Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche; Selbstmordversuch/-gedanken; Mord…) eigentlich ist. Deswegen kann ich der weitgehend guten bis sehr guten Bewertung des Films bei IMDb, Metacritic und Rotten Tomatoes nicht ganz zustimmen. Ich hatte immer so ein bisschen das Gefühl, der Film kann sich nicht richtig entscheiden, was er denn nun sein will. Es gibt ganz starke, bewegende Szenen, dann wieder solche, in denen du die Charaktere nicht so richtig ernst nehmen kannst.

Ohne Zweifel ist Brendan Gleeson wunderbar – er dominiert diesen Film und man kann sich an diesem ausdrucksstarken Gesicht mit diesem rot-weißen Bart kaum satt sehen – , aber die Mischung aus authentischen und überzeichneten Charakteren finde ich nicht so gelungen. Oder sind die Iren einfach so? 😉

6 von 10 Punkten.


3 Gedanken zu “Calvary (Am Sonntag bist du tot, John Michael McDonagh, Irland/UK 2014)

    1. Bei mir hat sich der Name inzwischen festgesetzt, nachdem ich ihn in letzter Zeit recht häufig gesehen habe.

      Aber das wär auch mal eine Idee für eine Blogparade: Schauspieler, deren Namen man sich nicht merken kann – blöd nur, wenn einem dafür die Namen nicht einfallen… 😀

  1. Der Film war so mittelmässig, dass ich nicht einmal nachdenken musste, ihn auch als solchen zu bewerten. 😉

    Übrigens was das wieder ein National-Lottery-geförderter Film. Obwohl ich das im Gegensatz zur Verwendung von Steuermitteln nicht für verwerflich halte – schliesslich kauft man ein Lotterielos freiwillig – scheinen diese Filme überdurchschnittlich oft „Rohrkrepierer“ zu sein.

    Offenbar gibt es auch hier das Phänomen, dass öffentliche Gelder nicht gerade zur besonderer Kreativität und Qualität führen, sondern eher zum Gegenteil. Siehe dazu auch: http://news.bbc.co.uk/2/hi/entertainment/1097783.stm

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