Carmina Burana: Auffrischungsproben #1

Schon als Jugendliche war ich von Carl Orffs „Carmina Burana“ begeistert und habe eine Zeit lang die CD einer Aufnahme rauf und runter gehört. Besonders gefallen hat mir schon damals natürlich der Chor (auch wenn ich zu dieser Zeit auch noch mehr (und besser) Querflöte gespielt habe, u. a. im Schulorchester), und da blieb mir immer am meisten Anfang und Schluss („O Fortuna“) im Ohr, was wohl auch die meisten sofort mit „Carmina Burana“ assoziieren. Ich habe von vielen langjährigen Chorsängern gehört, dass sie das Stück bereits in der Schulzeit das erste Mal sangen (zumindest eben „O Fortuna“), ich hatte es aber tatsächlich bis letztes Jahr noch nie gesungen.

Deswegen hatte ich mich auch sofort für das Projekt gemeldet – und habe nun schon an drei Aufführungen mitgewirkt. Zwei Aufführungen (Herbst/Winter 2013) fanden unter der Gesamtleitung von Thomas Gropper statt, der das Stück auch mit uns eingeübt hatte. Hier war unser Chor relativ klein, weil wir eine Version für Chor, Kinderchor, Solisten, zwei Klaviere und Schlagwerk vorführten, also ohne großes Orchester. Vorteil an dieser Besetzung: man hat als Sänger den Chorklang ganz gut gehört; dies ist bei Konzerten mit großem Orchester nicht immer so einfach.

Hier gibt es Fotos von den Konzerten in Freyung und Erding, bei denen wir im ersten Teil noch ein paar andere Lieder gesungen haben (z. B. den Gefangenenchor aus „Nabucco“).

Am 16. Februar 2014 haben wir dann in großer Besetzung (ca. 100 Sängerinnen und Sänger, dafür allerdings ohne Kinderchor) mit den Münchner Symphonikern unter der Leitung von Olivier Tardy in der Stuttgarter Liederhalle die „Carmina“ zur Aufführung gebracht – auch ein tolles Erlebnis! Ich kannte die Liederhalle ja schon von den drei Live-to-Projection-Konzerten (Herr der Ringe – Die Gefährten) letztes Jahr zu Ostern, aber diesmal thronten wir weit über dem Orchester, wie man auf den Fotos sehen kann. Und mit den Münchnern Symphonikern aufzutreten ist sowieso immer ein Erlebnis – manchmal kann ich das immer noch nicht so recht fassen, dass ich mit so einem exzellenten Profi-Orchester in solch schönen Konzertsälen auftreten darf! Außerdem hat mir dieses Konzert auch deshalb so viel Spaß gemacht, weil ich inzwischen immer mehr Teile auswendig singen konnte und mich somit noch viel besser auf den Dirigenten konzentrieren konnte. Eigentlich brauche ich die Noten fast nur für den Text, auch wenn das jetzt seltsam klingt… Ich fand also das Konzert in Stuttgart richtig gut gelungen, das Publikum war begeistert.. nur war „man“ (Olivier Tardy? Der Veranstalter?) wohl nicht vollkommen zufrieden mit uns, weswegen wir vor den zwei nun anstehenden Terminen hier in München (16./17. Juli im Brunnenhof der Residenz) noch einmal vier Auffrischungsproben (zwei davon mit Tardy selbst) vor der Generalprobe haben.

Heute war also die erste Probe, die Julian geleitet hat, der uns sonst meist als Korrepetitor begleitet hat. Ich finde, er führt die Proben immer sehr gut durch, wobei es ja in diesen Proben nun wirklich um die Feinheiten geht. Die Töne hat wohl jeder intus, nun geht es um Dynamik, Intonation, Betonung. Wichtig bei einem solchen Stück, das vor großem Publikum und mit großem Orchester präsentiert wird: Artikulation! Konsonanten müssen übertrieben stark artikuliert werden, damit sie auch noch im hintersten Ende des Saales (oder in dem Fall: des Hofes) gehört werden. Ich liebe das ja insbesondere, wenn Julian darauf hinweist, dass wir das „r“ rollen sollen – ein leichtes für eine Fränkin wie mich: „RRRRRRex se-det in veRR-ti-ce, ca-ve-at RRu-i-nam…“ (aus 2. „Fortune plango vulnera“).

Was ungemein dabei hilft, dieses Stück gut rüberzubringen und sich selbst dabei in „Ekstase“ zu singen (etwas übertrieben, aber es geht in die Richtung), ist, wenn man wirklich mit der Stütze des Zwerchfells singt. Es gibt ja in der „Carmina“ sehr viele Noten, die einen Akzent tragen. Hier einige Beispiele für solche Akzente:

File:Notation accents1.png

Zum Teil werden diese dann auch noch kombiniert, z. B. bei „O Fortuna“ ab „sem-per cres-cis“ Beispiel 1 und 5. Ganz am Anfang des „O Fortuna“ ist über jeder Note der Akzent Nr. 4 gesetzt. D. h., man darf auf keinen Fall die Noten schön verbinden, sondern muss jeden Ton mit Stütze betont ansingen. Oh je, ich kann das nicht so gut beschreiben… Laie halt. Ich bin auf jeden Fall der Meinung, dass ich das schon recht gut mache und stelle eben fest, dass diese Art zu singen, die mit einer absoluten Körperspannung verbunden ist, in mir Hormone (oder was auch immer) freisetzt, die mich beflügeln und  mir eine Art Rauschgefühl verschaffen. Das habe ich bei den „Powerstellen“ bei den Herr-der-Ringe-Aufführungen erlebt, und das erlebe ich bei „Carmina Burana“ insbesondere bei den letzten zwei Stücken („Ave formosissima“ und „O Fortuna“). Deswegen kann ich das Singen mit Körperspannung nur wärmstens empfehlen – es klingt nicht nur besser, es fühlt sich auch besser an!

Für mich ist das schwierigste Stück eines der ruhigsten: „Veris leta facies“, und zwar weil es da ganz, ganz schwierig ist, die Intonation zu halten. Töne und Melodie sind eigentlich einfach, aber da da auch relativ wenig Begleitung dabei ist, fällt es vielen schwer, von der Intonation her nicht abzusinken. Das ist für mich eins der schlimmsten Dinge, die in einem Konzert passieren können: der Chor sinkt ab und das Orchester natürlich nicht. DAS hört auch der weniger musikalische Konzertbesucher, wenn das schief klingt. Nun bilde ich mir ja immer ein, dass ich, wenn ich mich konzentriere, die Tonhöhe halten kann. Ich finde es aber schwierig – als eine von vielen – mich zu behaupten und nicht mitabzusinken, wenn (fast) der gesamte Chor das macht. Puh, das sollten wir auf jeden Fall noch gut üben – ich versinke sonst vor Scham in den Boden… Zumal sich solche Intonationsprobleme dann auch immer im schmerzverzerrten Gesicht des Dirigenten spiegeln…

Insgesamt war die Probe heute auf jeden Fall gut – ich war ganz positiv überrascht, dass ich trotz anhaltenden Hustens seit zwei Wochen ganz gut mithalten konnte. Nur die allerhöchsten Töne habe ich weggelassen, damit ich die Stimmbänder nicht überstrapaziere.

Die nächste Probe (Sonntag in einer Woche) ist dann gleich mit Olivier Tardy – hoffentlich haben wir gut dafür vorgearbeitet.

 


3 Gedanken zu “Carmina Burana: Auffrischungsproben #1

  1. Das hört sich doch schon nach viiiiel Vorfreude an! 🙂 Und ja: singen kann durchaus glücklich machen! 😉 Dann hoffe ich, dass Du aus der nächsten Probe mit einem nioch bessreen Gefühl nach Hause kommst. Sag mal: kennst Du eigentlich Lampenfieber? Wenn es dann soweit ist und die Aufführung kommt?

    1. Sorry….entnehme ein i…..hach verflixt …da ist ja noch was im schnell schreiben verdaddelt worden…es soll natürlich heißen:“noch besseren“
      Schäm.

  2. Das bei „Veris leta facies“ kenn ich nur zu gut, aber ich bin allgemein nicht so der Chor-Sänger.

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